Wenn Klang berührt und Worte heilen – Gesa Hecken über echte therapeutische Begegnung

Wenn Klang berührt und Worte heilen – Gesa Hecken über echte therapeutische Begegnung
Wenn Klang berührt und Worte heilen – Gesa Hecken über echte therapeutische Begegnung Tipps

Wenn Gesa über Chopin spricht, ist das kein Smalltalk über ihre Lieblingsmusik. Es geht um etwas Tieferes: eine Energie, die durchströmt, aufrichtet, verbindet. Die leidenschaftliche Konzertpianistin ist heute Heilpraktikerin für Psychotherapie – und bleibt doch Künstlerin. In ihrer Praxis für Entspannung und Beratung verbindet sie psychologische Methoden mit musikalischer Intuition, mit Menschlichkeit und einem unerschütterlichen Vertrauen in die Kraft der eigenen Ressourcen.

GESA, GIBT ES EINEN SONG, DER DICH AUF KNOPFDRUCK ENTSPANNT?

Tatsächlich habe ich mit Songs gar nichts am Hut. Ich bin in der Welt der klassischen Musik aufgewachsen. Ich suche auch gar nicht aktiv nach Musik zur Entspannung. Aber wenn ich Tschaikowskys Violinkonzert höre – oder noch besser: spiele –, dann bekomme ich Gänsehaut. Da fließt so viel Lebensenergie, dass es mich komplett durchströmt. Das fühlt sich harmonisch und lebendig an – und auf eine Weise eben doch entspannend.

DU HAST EINE PRAXIS FÜR ENTSPANNUNG UND BERATUNG GEGRÜNDET. WAS BEDEUTET „ENTSPANNUNG“ FÜR DICH GANZ PERSÖNLICH?

Entspannung war für mich immer etwas, das mir leichtfiel. Schon als Kind habe ich mich intuitiv mit imaginativen Verfahren beruhigt – ohne überhaupt zu wissen, dass es da Techniken für gibt. Zum Beispiel hatte ich panische Angst vor Regenwürmern. Die Jungs fanden das natürlich lustig und haben sie mir extra gezeigt. Für mich war klar: Du brauchst jetzt ein Pokerface. Und so habe ich einfach gesagt: „Ja und?“ – und zack, war ich uninteressant für die ganze Aktion. Oder als ich neben meinem Schwarm im Bus saß und er mich kitzelte: Ich wollte souverän wirken und stellte mir einfach vor, ich bekäme in Mathe eine Fünf. Plötzlich musste ich nicht mehr lachen – ich war ganz ruhig. So habe ich früh gelernt, mich mit Gedanken zu regulieren.

WIE KAM ES DAZU, DASS DU DAS IRGENDWANN BERUFLICH GEMACHT HAST?

Ich hatte ja bereits ein ganzes Berufsleben hinter mir. Ich wollte immer Kinder, und das Leben auf Tournee passt da nicht rein. Also habe ich unterrichtet, viel mit Erwachsenen, aber auch mit Kindern. Ich habe irgendwann gemerkt: Das, was mir Freude macht, ist nicht der Musikunterricht an sich – sondern das, was daneben passiert. Gespräche, Blockaden lösen, Emotionen begleiten. Das war oft mehr Therapie als Pädagogik. Und irgendwann wurde mir klar: Meine Kunst leidet, aber das Zwischenmenschliche erfüllt mich. Also habe ich eine Ausbildung zur Heilpraktikerin für Psychotherapie gemacht.


FLIESST DEINE MUSIKALISCHE ERFAHRUNG HEUTE NOCH IN DEINE THERAPEUTISCHE ARBEIT EIN?

Absolut. In meiner Praxis in Krefeld steht ein Konzertflügel. Dort veranstalte ich ein besonderes Format: „Im Strom der Emotionen“. Ich spiele live, und die Menschen liegen in Sitzsäcken, eingekuschelt mit Decken, die Augen geschlossen. Das ist kein Konzert, sondern ein Erlebnis. Sie dürfen fühlen, weinen, sogar einschlafen – alles ist willkommen. Es geht um Verbindung, nicht um Applaus. Für mich ist das auch eine Rückkehr zur Musik: Wenn ich auf der Bühne stand, habe ich immer die Geschichten anderer Menschen gespielt. In der Therapie ist es ähnlich: Ich tauche in die Geschichten anderer ein und betrachte sie aus neuen Perspektiven – gemeinsam mit meinen Klient:innen.


DU ARBEITEST HYPNOSYSTEMISCH – WAS BEDEUTET DAS KONKRET?

Niemand kennt dich so gut wie du dich selbst. Als Therapeutin weiß ich nie mehr über einen Menschen als er selbst. Ich kann nur in das einsteigen, was mir gezeigt wird. Deshalb ist mein Ziel, ein echtes Gegenüber zu sein – jemand, bei dem man das Gefühl hat: Ich darf hier alles denken, alles sagen. Ohne Filter, ohne Angst, ohne Tabus.

Ich möchte, dass meine Klient:innen mit mir sprechen können – offen, ehrlich, ungehemmt. Auch über Dinge, die man sonst vielleicht nicht mal laut denkt, weil sie „nicht okay“ erscheinen.

Ich nehme mich da auch nicht raus. Als Hypnosystemikerin bin ich als Mensch präsent und ziehe mich nicht hinter einer professionellen Wand zurück. Ich habe eine Geschichte, meine Klient:innen wissen auch etwas über mich, sie dürfen mich fragen. Denn Veränderung gelingt nur, wenn wir uns als Menschen begegnen – auf Augenhöhe.

DU ARBEITEST MIT VIELEN METHODEN – HYPNOSE, KLANGMASSAGE, YOGA, PEP.
WARUM LIEGT DIR PEP (PROZESS- UND EMBODIMENTFOKUSSIERTE PSYCHOLOGIE) DABEI SO AM HERZEN?

PEP nach Michael Bohne ist ein hypnosystemisches Verfahren, das unglaublich selbstwirksam ist. Es bringt ganz viel Humor, Zuversicht und Eigenverantwortung mit. Die Leute klopfen selbst, kurbeln selbst, wir sprechen gemeinsam Sätze – das ist soziale Interaktion. Wir lachen und arbeiten zusammen. Und es passiert wirklich was – weil man erlebt: Ich habe mir selbst geholfen.


HYPNOSE WIRD OFT MISSVERSTANDEN. WIE GEHST DU MIT DIESEN VORURTEILEN UM – UND WIE SCHAFFST DU VERTRAUEN?

Indem ich erkläre: Wir alle erleben täglich Trance – beim Lesen, beim Film schauen, beim Tagträumen. Hypnose ist nichts anderes als ein Zustand fokussierter Aufmerksamkeit – aber du entscheidest, ob du ein- oder aussteigst. Niemand ist willenlos, niemand wird manipuliert. Die Inhalte werden vorher gemeinsam abgestimmt. Nur das, was die Klientin oder der Klient möchte, wird Teil der Hypnose. Und wenn es mal nicht klappt – macht nichts. Dann war’s eben eine kleine Entspannungsübung.


UND WIE SORGST DU SELBST FÜR BALANCE?

Ich gehe täglich mit meinem Hund in den Wald. Außerdem gebe ich ja viele Klangreisen und Entspannungskurse wie autogenes Training. Dabei gehe ich selbst auch mit in Trance. Das liebe ich besonders an meiner Praxis: Diese ganzen Entspannungsangebote sind nicht nur für die Klient:innen gut, sondern auch für mich. Es ist ein ritualisierter Ablauf, in dem ich bei mir bin – und gleichzeitig ganz beim Menschen vor mir. Und natürlich ist da noch meine Musik – die ist für mich nicht wegzudenken.


WAR DIESE ACHTSAMKEIT SCHON IMMER EIN TEIL DEINES LEBENS?

Ja, tatsächlich. Ich bin schon als Kind mit sehr starken Herausforderungen konfrontiert worden – und habe früh gelernt, für mich selbstwirksam zu sein. Ich habe Kraft in der Musik gefunden, in der Natur. Mit zehn entdeckte ich ein Yoga-Buch. Das hat mich gepackt. Seitdem war Yoga Teil meines Alltags. Ich habe mich also ganz anders beschäftigt als andere Kinder: viel gelesen, viel Musik und Yoga. So habe ich meine eigenen Wege gefunden, psychisch und körperlich gesund zu bleiben.


HAST DU EINE KLEINE ÜBUNG, DIE DU UNSEREN LESER:INNEN FÜR DEN ALLTAG MITGEBEN KANNST?

Auf jeden Fall – eine PEP-Zwischenentspannung:
● Im Sessel so ein bisschen gemütlich machen
● Beine übereinanderschlagen, Füße an den Knöcheln überkreuzen
● Arme verschränken, Hände durchziehen
● Zunge beim Einatmen an den Gaumen, beim Ausatmen ins Zungenbett sinken lassen
● Im eigenen Tempo wiederholen
● Nach einigen Atemzügen: Hände lösen, Fingerkuppen aneinander
● Weiteratmen. Ankommen.


LETZTE FRAGE: VIELE MENSCHEN ZÖGERN, SICH HILFE ZU HOLEN. WAS WÜRDEST DU IHNEN SAGEN?

Du tust es trotzdem aus eigener Kraft. Hilfe anzunehmen ist keine Schwäche – es ist eine Stärke. Wir alle sind soziale Wesen. Wir brauchen ein Gegenüber, um aus Krisen rauszukommen. Und sich das zu holen, ist eine Art der Selbstkompetenz.

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